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Aktueller Stand: April 2008
Artikel veröffentlicht in
Frankfurter Rundschau

Berliner Zeitung

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Kleines Paradies am Luganer See

Der Parco Scherrer in Morcote, ein künstlerischer Garten am Ufer des Luganer See

Gibt es ein Paradies auf Erden? Seltsamerweise kommt einem dieser Gedanke häufiger in den Sinn. Vor allem in ruhigen Momenten, wenn man zum Beispiel an einem milden Frühlingsabend in einer der Bars unter den Arkaden von Morcote sitzt und vor sich auf dem Tisch ein Glas blutroten Merlot stehen hat. Auf der anderen Straßenseite wiegen sich grüne Palmwedel sanft im Licht einer Laterne, dahinter dümpeln ein paar Boote im stillen Wasser des Sees. Von den Bergen am anderen Ufer blinken die ersten Lichter. Während man nördlich der Alpen noch sehnsüchtig auf den Frühling wartet, streicht einem im Tessin die milde Luft um die Nase, und der Wein hat ein Aroma wie sonst nirgends auf der Welt. In solchen Momenten neigt man dazu, das Paradies hier irgendwo am Luganer See zu vermuten. Und wenn das ehemalige Fischerdorf Morcote nicht das Paradies ist, dann kann es jedenfalls nicht weit von hier sein. Am liebsten möchte man für immer hierbleiben und sich fortan nur noch den schönen Dingen im Leben widmen.

Zahlreiche Dichter, Künstler und Baumeister haben dies in der Vergangenheit jedenfalls getan. Die oberitalienischen Seen mit ihrem mediterranen Klima und ihrer üppigen Vegetation waren für viele Künstler Heimat und Wirkungsstätte. Sie hinterließen ihre Spuren in Form von ungezählten Kirchen, palastartigen Villen oder idyllischen Parkanlagen. Auch der Textilhändler Herrmann Arthur Scherrer muß die Abende in den Uferbars von Morcote genossen haben. Doch allein mit dem paradiesischen Ausblick auf den Luganer See wollte sich der Kaufmann aus St.Gallen nicht zufrieden geben. In den dreißiger Jahren machte er sich daran, seine Vorstellung vom Paradies in die Realität umzusetzen.

Als Textilhändler kam der 1881 geborene Scherrer viel in der Welt herum. Bei diesen Reisen entwickelte er eine besondere Liebe für Kunst und Kultur des Orients. Am Steilhang nördlich von Morcote kaufte er sich Stück für Stück Land zusammen und begann damit, einen kleinen Garten Eden von betörender Schönheit anzulegen. Was bis dahin ein Gewirr aus Weinberg und Gestrüpp war, entwickelte sich im Laufe der Jahrzehnte unter Scherrers künstlerischer Anleitung zu einem subtropischen Park aus Zypressen, Zedern, Palmen und Bambushainen. Mitten hinein in diesen kleinen Dschungel setzte er Originale und Kopien seiner in aller Welt zusammengesammelten Kunstwerke.

Gleich neben der Uferstraße befindet sich nördlich von Morcote der Eingang zum Parco Scherrer. Zwei majestätische Löwen aus weißem Carrara-Marmor flankieren die ersten Treppenstufen. Im Schatten der haushohen Zypressen geht es steil nach oben mitten hinein in einen verwunschenen Märchenwald. Prächtig blühende Azaleen, große Blumenamphoren und bemooste Steinskulpturen säumen den Weg. Palmen, Zedern, Rosen und Bambuspflanzen wachsen in trauter Harmonie. Gleich hinter dem kleinen Brunnen mit der "Fontana romana" mündet der Weg unvermittelt auf eine große Terrasse. Säulen, Statuen und Obelisken, Palmen und Blumenbüsche umrahmen das "Belvedere", die Aussichtsterasse über dem Luganer See.

Um für die vielen Kunstwerke und Plastiken, die Scherrer im Laufe der Jahre angesammelt hatte, ein passendes Ambiente zu schaffen, ließ er in seinem Park mehrere kleine Gebäude nach klassischen und fernöstlichen Vorbildern errichten. Neben einer Kopie des Erechtheions, eines kleinen griechischen Tempels mit Säulen in Frauengestalt, gehören dazu ein siamesisches Teehaus, ein arabischer Palast, ein kleiner Sonnentempel und sogar ein ägyptisches Mausoleum. Größtes fernöstliches Objekt ist jedoch der indische Palast, eine kleine Villa mit prächtigen Wandmalereien im indischen Mogulstil und passenden Möbeln dazu. Diese "Palazzina indiana" beherbergt ein indisches Frauengemach und wurde nach dem Vorbild des "Palazzo Salo" in Brugine gebaut. Auf der dazugehörigen Terrasse verbreitet ein prachtvoller Brunnen mit wasserspeienden Kobras und Elefanten einen Hauch von Orient.

Doch auch die heimische Baukunst schätzte Scherrer. So ließ er ein traditionelles Tessiner Anwesen in Lugano Stein für Stein abtragen, um es in seinem Park in Morcote orginalgetreu wieder aufzubauen. Heute beherbergt das rustikale Gebäude das Restaurant "Grotto del Parco". Auf der schattigen Terrasse oberhalb der Seeuferstraße läßt sich typisch Tessiner Küche goutieren.

Herrmann Arthur Scherrer verstarb 1956, seine Frau vermachte in den siebziger Jahren den Park der Gemeinde Morcote. Seitdem ist das Lebenswerk ihres Mannes der Öffentlichkeit zugänglich, und jeder Besucher hat die Möglichkeit, ein wenig in Paradiesphantasien zu schwelgen.

INFO: Per Schiff ins Paradies

Das idyllische Dorf Morcote liegt südlich von Lugano an der Spitze der Halbinsel Ceresio und ist über die Uferstraße von Norden her erreichbar. Das ehemalige Fischerdorf wird regelmäßig mit dem Postbus von Lugano aus angesteuert.
Besonders reizvoll ist auch die Anreise per Schiff mit einem Abstecher ans gegenüberliegende italienische Ufer.

Der Parco Scherrer liegt etwas nördlich vom Ortszentrum und ist von Mitte März bis Ende Oktober täglich von 9-17 Uhr, im Juli und August bis 18 Uhr geöffnet.



Alle Angaben und Links ohne Gewähr, Stand: April 2008



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© SCRITTI.Kommunikation, Autor: Michael Schwager

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