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Der Kluge reist im Zuge

Nein, wir wollen hier einmal nicht über die DB jammern, sondern deutlich sagen: Wir reisen gern. Und am liebsten reisen wir immer noch mit dem Zug. Wir sagen hier absichtlich "mit dem Zug" und nicht "mit der Bahn". Dem Himmel sei dank, es gibt ja nicht nur das eine Unternehmen, das sich großspurig "die Bahn" nennt.
Es gibt in Europa auch richtig tolle Bahnen wie etwa die der Schweizer. Die verstehen ihr Geschäft, und man kann mit den sich öffnenden Märkten nur hoffen, dass sie sich bald bis nach Frankfurt oder Nürnberg ausbreiten.
Trotz aller Widrigkeiten gibt es sogar Urlauber, die mit dem Zug bis nach Lissabon oder Athen fahren. Sie meinen, dass es nichts Schöneres geben kann, als entspannt aus dem Zugfenster heraus die schönsten Landschaften Europas an sich vorüber ziehen zu lassen. Zu sehen, wie sich nach der Ausfahrt aus dem Gotthardtunnel langsam der Süden mit orangenen Häusern, flachen Dächern, Wein und Zypressen ausbreitet. Was spielt es da schon für eine Rolle, wie lange man von Stuttgart nach Mailand unterwegs ist? Davon abgesehen, das dauert im schicken Cisalpino weniger als sieben Stunden, und man bekommt während der Fahrt auch noch richtiges italienisches Essen serviert.
Zugegeben, flexible Individualreisende haben da leicht reden. Für Familien mit Kindern und allerlei Gepäck ist eine Bahnreise nicht immer zu empfehlen, vor allem wenn man mehrmals mit Sack und Pack umsteigen muss. Und leider lässt die gute, alte DB auch nichts unversucht, um ihren eh schon schlechten Ruf weiter zu ruinieren und neben dem Finanzminister als Abzocker der Nation da zu stehen.
Manchmal geschehen aber noch Zeichen und Wunder. Neulich erzählte uns eine Freundin ganz stolz, dass sie ihren Urlaub kurzfristig abbrechen musste und aus dem Salzburger Land mit dem Zug nach Hause gefahren sei. "Das war total super", schwärmte sie. "Vollkommen einfach und bequem, und es hat noch nicht mal 50 Euro gekostet."
Ein anderes Beispiel: Freunde verbringen ihren Sommerurlaub jedes Jahr in den Tiroler Alpen. Dieses Mal wollten die beiden nach Seefeld aufbrechen: per Buspauschalreise. Richtig wohl war ihnen dabei nicht: "Man liest ja inzwischen so viel über Busunfälle."
Kurz im Internet gecheckt, stellte sich heraus: Rechtzeitig im Voraus gebucht, würde die ganze Reise per Bahn mit Sparpreis und Mitfahrer-Rabatt für zwei Personen gerade mal 120 Euro kosten. Nachdem wir noch den Hoteltarif über das Internet geprüft und alles zusammengerechnet hatten, waren sie erst recht verblüfft. Im Vergleich zu der Buspauschalreise ergab sich im selben Hotel eine Ersparnis von über 300 Euro. Natürlich sind die beiden mit dem Zug gefahren. Sie kamen zufrieden und erholt aus dem Urlaub zurück: "Alles verlief problemlos, es gab keine Verspätungen."
Man sieht: Es geht doch!
MS

Bahnreisen von A bis Z

Alles was man wissen muss, um in Deutschland erfolgreich Zug zu fahren.


Stand: Januar 2005

Anbieter: Durch die Bahnreform sollte eigentlich der Wettbewerb im Schienenverkehr belebt werden. Doch nach wie vor bestimmt der Monopolist Deutsche Bahn AG (DB) das Geschehen auf deutschen Gleisen (die der DB fast immer auch gehören). Der Kunde hat so gut wie keine Wahlmöglichkeiten. Im Regionalverkehr gibt es inzwischen einige DB-Konkurrenten, sie fahren jedoch alle zum DB-Tarif. Lediglich der europaweite private Transportkonzern Connex bietet mit dem InterConnex zwei eigene Fernverbindungen: Gera-Leipzig-Berlin-Rostock täglich und wochenends von Dresden über Berlin nach Stralsund bzw. Rügen: www.interconnex.com. Die Tarife sind günstiger als bei der DB, BahnCards gelten jedoch nicht. Ausserdem gibt es derzeit noch einen privaten Nachtzug von Berlin nach Schweden.

Auskunft: Am besten im Internet unter www.bahn.de. Dort sind so gut wie alle Verbindungen mit Bus und Bahn europaweit(!) verfügbar. Oder bundesweit unter DB-Telefon 11861 (kostenpflichtig). Eine automatisierte Fahrplanansage gibt es kostenlos unter: 0800 1 50 70 90

BahnCard: wer viel in Zügen reist, für den lohnt sich meist eine BahnCard. Die BahnCard 50 (200 Euro in der 2.Klasse) erlaubt ein Jahr lang generell Bahnfahren zum halben Preis, BahnCard 25 (50 Euro, 2.Kl.) bringt ein Viertel Rabatt, lässt sich allerdings auf andere Sonderangeboten anrechnen. BahnCard 100 heißt jetzt die Jahresnetzkarte, die sich allerdings nur für Geschäftsreisende rechnet. Zusatzkarten für Familien oder Kinder gibt es ab 5 Euro. Für 15 Euro Aufpreis bringt die BahnCard auch in Nachbarländern Rabatt - sofern die Tickets in Deutschland gekauft werden. Einschränkung: für Fahrten innerhalb von Verkehrsverbünden sind BahnCards meist wertlos. Achtung: die Gültigkeit einer BahnCard verlängert sich inzwischen automatisch um ein Jahr, wenn der Kunde nicht rechtzeitig gekündigt hat!

Bonus-Programm: Das "Vielfliegerprogramm" der DB heißt bahn.comfort und bringt “V.I.P.s" speziell reservierte Sitze im ICE, besondere Parkplätze oder kostenlosen Zugang zu den DB-Lounges in großen Bahnhöfen. Mindestumsatz pro Jahr: 2000 Euro auf Langstrecken.

City-Anschluß: Mit den neuen CityTickets im Fernverkehr können Bahnfahrer nun in 60 Städten kostenlos Busse, U- und S-Bahnen zur Weiterfahrt nutzen.

Fahrpläne: So gut wie in allen Bundesländern gibt es inzwischen leicht merkbare “Integrale Taktfahrpläne" nach Schweizer Vorbild. Das heißt, Regionalzüge verkehren in der Regel auf festen Linien jede Stunde zur selben Minute, mindestens jedoch zweistündlich und oft bis spät in die Nacht. Im Fernverkehr wird der strikte Taktfahrplan immer öfter zugunsten von einzelnen Direktverbindungen aufgegeben. In der Regel sind die Anschlüsse im Regionalverkehr auf Fernzüge abgestimmt.

Internet: Das Online-Portal www.bahn.de bietet alle Informationen rund um das Reisen mit Zügen bis hin zu Last-Minute-Angeboten oder Städtetrips. Auf der Startseite kann direkt nach Bahnverbindungen gesucht und anschließend das Ticket gebucht und am Computer ausgedruckt werden. Voraussetzung: BahnCard oder eine gültige Kreditkarte, die bei der Kontrolle im Zug mitgeführt werden muss!

Kinder: Kinder von 6 bis 14 Jahren reisen in Begleitung von Erwachsenen kostenlos, müssen aber im Voraus auf der Fahrkarte eingetragen sein! Kinder unter 6 Jahren reisen immer kostenlos und ohne Fahrkarte.

Kundenrechte: mit den neuen Beförderungsbedingungen kann der DB-Kunde seit 1.Oktober 2004 erstmals bei einer Verspätung von über einer Stunde im Fernverkehr 20 Prozent des Reisepreises zurückverlangen - sofern die DB an der Verspätung schuld ist und der Kunde alle bürokratischen Hürden für den Nachweis genommen hat. Verbraucherschützer und Fahrgastverbände halten die Regelung für unzureichend. Als Entschädigung gibt es lediglich Reisegutscheine und kein Bargeld. Sollte der Reisende nachts irgendwo stranden, kann er Taxi- oder Hotelkosten geltend machen. Eine gute Anlaufstelle für Kundenfragen rund um den Öffentlichen Verkehr ist die “Schlichtungsstelle Nahverkehr" in Nordrhein-Westfalen: www.schlichtungsstelle-nahverkehr.de.

Reservierung: Sitzplatzreservierungen sind beim Kauf einer Fahrkarte im Internet oder am Automaten kostenlos. Ansonsten fallen je Richtung und Platz 3 Euro an.

Schnäppchen: wie die Billigflieger lockt die DB inzwischen auch regelmäßig mit Schnäppchenpreisen. So gibt es etwa öfter ein begrenztes Angebot von Direktverbindungen in europäische Metropolen ab 19 Euro. Doch wie bei den Billigfliegern muss man auch bei der DB lange suchen, bis man ein solches Schnäppchenticket findet. Auch in den Nachtzügen der DB gibt es ein Kontingent von Sonderangeboten ab 29 Euro.

Surf & Rail: beliebtes Sonderangebot nur übers Internet. Jeden Montag ab 17 Uhr gibt es zehn Strecken zum Schnäppchenpreis für 50 Euro hin und zurück, Mitfahrer zahlen die Hälfte. Rückfahrt bis maximal 14 Tage nach Verkaufsstart. Schnell buchen, die Hälfte der 20.000 Tickets geht meist am ersten Abend weg!

Tarife: Bahnfahren ist verhältnismäßig teuer - zumindest im Normaltarif. Doch den bezahlt eh kaum jemand, was auch die DB einräumt. Wer nur gelegentlich reist und seine Termine genau weiß, kann die Sparpreise nutzen. Saftige Rabatte winken, vor allem wenn mehrere Personen gemeinsam reisen. Jeder Mitfahrer zahlt nur die Hälfte. Nachteil: man muss sich auf bestimmte Züge festlegen, nicht alle Verbindungen können genutzt werden. Lange Strecken sind im Verhältnis billiger als kurze.

Tickets: Fahrkarten gibt es nach wie vor in den Reisezentren am Bahnhof, in Reisebüros, im Zug, an Automaten inzwischen auch für den Fernverkehr, am Telefon und natürlich im Internet (siehe oben). Da Personal Geld kostet, versucht das DB Management inzwischen verstärkt, Kunden ins Internet oder an die Automaten zu zwingen, indem am Schalter, in DB-Agenturen oder bei Telefonbuchung zusätzliche Gebühren fällig werden.

Verspätungen: nach Presseberichten kommen im Fernverkehr nach wie vor nur 83 Prozent der Züge pünktlich ans Ziel, im meist eng vertakteten Regionalverkehr sind es 95 Prozent - wobei bei der DB alles bis zu fünf Minuten Verspätung als pünktlich gilt! In der Regel werden jedoch Anschlüsse abgewartet.

anim

© SCRITTI-Text&Bild, Autor: Michael Schwager